Bei Gesprächen über KI-Systeme stehen zurzeit meist die großen Hyperscaler wie OpenAI, Google, Microsoft oder OpenAI im Mittelpunkt. Deren Modelle überzeugen durch Leistungsfähigkeit und umfangreiche Einsatzmöglichkeiten. Allerdings liegt die Herkunft der Daten, die Trainingsprozesse sowie interne Kontrollmechanismen außerhalb europäischer Einflussmöglichkeiten. Für Unternehmen in Deutschland und der EU ist die digitale Souveränität somit eingeschränkt– besonders, wenn kritische Daten oder Compliance-Anforderungen nach EU-Recht immer wichtiger werden. Um KI in Unternehmen gewinnbringend einzusetzen, sind in der Regel spezialisierte, transparente und zuverlässig regelkonforme Systeme notwendig. Kleinere oder selbst entwickelte Modelle lassen sich mit internen Daten trainieren und ermöglichen mehr Kontrolle über Datenschutz. Zusätzlich lassen sie sich sehr genau an regulatorische Vorgaben wie den AI Act anpassen. Damit schaffen sie einerseits Vertrauen und andererseits technische Unabhängigkeit von globalen Tech-Konzernen.

Die Schattenseite des andauernden KI-Hypes: Das steigende Risiko, dass kriminelle Hacker KI-Systeme für Cyberattacken missbrauchen. Mit KI-Tools perfektionieren sie Phishing-Attacken, finden Schwachstellen schneller oder passen Malware dynamisch an. Und je leistungsfähiger die Systeme, desto größer das Potenzial für automatisierte, hochgradig personalisierte Angriffe. Damit ist deutlich: KI birgt Chancen und Risiken. In Europa brauchen wir eigene, souveräne Systeme. Und zugleich belastbare Schutzmechanismen, um KI-gestützte Attacken effektiv abzuwehren.
Digitale Souveränität: Ein Thema, das schnell Antwort braucht
Digitale Souveränität wird an vielen Stellen in Europa und besonders in Deutschland als strategisches Ziel postuliert. Aber die Deutung reicht dabei von reiner digitaler Handlungsfähigkeit bis hin zu technologischer Autarkie. Und während einige Verantwortliche insbesondere daran denken, digitale Technologien sicher auszuwählen, zu integrieren und zu betreiben, formulieren andere deutlich ambitioniertere Ansätze: eigene Plattformen, eigene KI-Systeme und eigene Infrastrukturen. Diese Spannbreite zeigt sich nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Kommunen und Ländern bis hin zum Bund. Gerade dort ist die Abhängigkeit von externen Systemen deutlich spürbar. Etwa wenn sicherheitsrelevante Anwendungen auf nicht-europäische Dienste angewiesen sind oder Modernisierungsprozesse aufgrund fehlender eigener Technologien stocken.
Es ist erkennbar, wie problematisch strukturelle Abhängigkeiten sind. Ohne eigene digitale Kompetenzen bleibt Europa gegenüber Sicherheitslücken, geopolitischen Einflussnahmen und externen Prioritätensetzungen angreifbar. Das Hinterherlaufen hinter globalen Technologieführern ist unrealistisch und verstärkt letztendlich die Abhängigkeit sogar langfristig.
Mit Ausbildung gegen Fachkräftemangel
Deshalb brauchenwir entschlossene und nachhaltige Investitionen in Forschung, Fachkräfte, eigene technische Standards sowie eine klare Zukunftsvision für Verwaltung und Wirtschaft. Europa und Deutschland müssen wieder mehr gestalten statt nur nutzen. Mit eigenständiger Innovation wird digitale Souveränität Realität und die Basis für eine sichere, digitale und selbstbestimmte Zukunft.
Der Fachkräftemangel in der IT- und Informationssicherheit wird mehr und mehr zu einem zentralen Risiko für die digitale Zukunftsfähigkeit in Deutschland. Cybersecurity ist allerdings die Grundlage für nachhaltige Digitalisierung. Und sie ist weit mehr als eine Frage nach der passsenden Software oder der richtigen Hardware. Entscheidend sind die Fachkenntnisse der Menschen, die diese Systeme planen, betreiben, überwachen und weiterentwickeln. Ohne qualifiziertes Fachpersonal können selbst modernste Sicherheitslösungen keine Wirkung entfalten. Gleichzeitig erhöhen sich die Anforderungen an Mitarbeitende rasant: wachsende Komplexität, regulatorischer Druck in vielen Branchen, KI-gestützte Angriffe und die steigende Bedeutung kritischer Infrastrukturen erfordern tiefes, spezialisiertes Wissen.
Ein wichtiger Schritt wäre daher eine Stärkung des Berufsbilds– insbesondere durch einen klar definierten und anerkannten Ausbildungsweg, etwa zum „Fachinformatiker für IT-Sicherheit“ oder noch deutlicher zur „Fachkraft für Informationssicherheit“. Dieses Berufsbild zeigt Jugendlichen frühzeitig, dass Informationssicherheit ein eigenständiger, attraktiver und gesellschaftlich relevanter Berufszweig ist. Immer noch stoßen viele Nachwuchskräfte erst spät oder zufällig auf dieses Thema. Eine formelle Ausbildung würde nicht nur Sichtbarkeit schaffen, sondern auch bindende Standards setzen, die Unternehmen und Verwaltung dringend benötigen. Damit lässt sich langfristig eine solide Basis schaffen, um dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken und die digitale Resilienz in Deutschlands nachhaltig zu verbessern.
Drei Hebel, ein Ziel
Am Ende sind alle drei Themen eng miteinander verbunden. KI verändert nicht nur die Angriffsdynamik, sondern auch die Art und das Tempo der Verteidigung. Digitale Souveränität definiert dabei den Rahmen, in dem Europa und Deutschland Technologien sicher, unabhängig und langfristig nutzen. Und ohne Fachkräfte bleibt jede technische oder strategische Vision letztlich nur Theorie. Erst im Zusammenspiel von kompetenten Menschen, souveränen Technologien und verantwortungsvoll genutzter KI entsteht die Basis für eine widerstandsfähige digitale Zukunft.