Wie UX-Designerinnen bei G DATA für nutzerfreundliche Produkte sorgen

27.03.2024
G DATA Blog

Erklärungsbedürftige und komplizierte Produkte haben einen schweren Stand. Kundinnen und Kunden wollen heute schnell und einfach eine Lösung nutzen können. Im Interview erklärt Maike Kappelhoff, Lead Experience Designerin bei der G DATA CyberDefense AG, wie sie Angebote nutzerfreundlich macht und welche Designfehler sie ärgern.

Was ist UX-Design?

Maike: UX steht für User Experience. Beim UX-Design fließen verschiedene Faktoren in die Produktentwicklung mit ein. Dazu gehört unter anderem Benutzerfreundlichkeit. Ein Produkt, das nicht selbsterklärend ist, kann beim Anwendenden kein positives Nutzungserlebnis, also Experience erzeugen. Denn, wenn du nicht weißt, wie du es bedienen kannst und dir Vorwissen fehlt, kann auch kein positives Erlebnis entstehen. Als UX-Designerin muss ich meine Zielgruppe daher gut genug kennen, damit sie die Handhabung eines Produkts nicht mühsam erlernen muss, sondern sich leichtgewichtig anfühlt und unmittelbar einen positiven Eindruck hinterlässt. Es gibt Milliarden Apps, die Anwender*innen direkt wieder deinstallieren, weil sie diese mit einer anderen Erwartungshaltung installiert hatten und enttäuscht wurden. Die Zeitspanne, in der das Bedürfnis der Userinnen und User befriedigt werden muss, ist sehr kurz und wird immer kürzer. Es will keiner mehr dicke Gebrauchsanleitungen lesen.

Nenn uns bitte Beispiele für gutes und auch schlechtes UX-Design.

Maike: Was ich beeindruckend gut durchdacht finde, sind Kaffeemaschinen, bei denen individuelle Nutzerprofile angelegt werden können – beispielsweise einen starken Kaffee oder einen mit viel Milch. Ich muss nur auf mein Profil gehen und erhalte den richtigen Kaffee. Das ist sehr praktisch, wenn Personen mit verschiedenen Zubereitungspräferenzen unter einem Dach wohnen.

Netflix und Amazon sind natürlich auch sehr positive Beispiele für gutes UX-Design. Weil sie nicht nur regelmäßig nach der Nutzererfahrung fragen, sondern gleichzeitig auch weiter als ihre Kundinnen und Kunden denken. Ein Beispiel: Amazon-Rücksendungen sind auch ohne Drucker möglich, weil dafür ein QR-Code ausreicht, der beim nächstgelegenen Kiosk einfach abgescannt wird, um dort das Etikett für mich auszudrucken. Da haben bei Amazon kluge Leute den Pain Point der Zielgruppe erkannt.

Ein Negativ-Beispiel ist die „Nachricht gelöscht“-Info bei WhatsApp. Wenn ich eine Nachricht versende und sie nachträglich lösche, weil ich etwa den falschen Kontakt ausgewählt habe, erhält der Empfänger eine Information „Diese Nachricht wurde gelöscht“. Ich frage mich: Welchen Mehrwert hat diese Information für die Empfängerin oder den Empfänger? Keine, das weckt höchstens Neugierde. Damit bringst du die Absenderin oder den Absender in Erklärungsnot. Die Funktion, Nachrichten nachträglich löschen zu können, ist schon sehr wichtig, aber die Information danach ist unwichtig. Das ist nicht zu Ende gedacht.

Was bedeutet das für die Arbeit von UX-Designerinnen?

Maike: Wir sind als UX-Designerinnen nicht nur dafür zuständig, das Produkt ansprechend und selbsterklärend zu gestalten, sondern müssen dabei auch die vorgelagerten Kontaktpunkte der Kundschaft mit G DATA oder dem Produkt im Hinterkopf behalten. Wir betrachten also auch den Kaufprozess oder zumindest wissen wir, welches Produktversprechen an interessierte Personen gesendet werden. Denn ich erzeuge ja bereits ab dem Erstkontakt eine Erwartungshaltung bei unseren Kundinnen und Kunden, die ich als UX- Designerin bei der Produktgestaltung einbeziehen muss, um Enttäuschung vorzubeugen. Wir haben ja bereits darüber gesprochen, wie schnell Apps deinstalliert werden, wenn Erwartung und Realität nicht zusammenpassen.

Maike Kappelhoff

Wir sind als UX-Designerinnen nicht nur dafür zuständig, das Produkt ansprechend und selbsterklärend zu gestalten, sondern müssen dabei auch die vorgelagerten Kontaktpunkte der Kundschaft mit G DATA oder dem Produkt im Hinterkopf behalten.

Maike Kappelhoff

Welche persönlichen Skills brauchen UX-Designerinnen?

Maike: Der wichtigste Aspekt meiner Arbeit ist Empathie, weil ich Produktvorschläge stets aus dem Blickwinkel eines Nutzers oder einer Nutzerin unterbreite. Je besser ich mich in meine Kundschaft hineinfühlen und ihre Probleme nachvollziehen kann, desto passgenauer sind die Lösungen, die unsere Produkte bereitstellen.

Ich muss also ein möglichst umfangreiches Wissen über die Zielgruppe eines Produktes haben: Welches Vorwissen haben sie? Was motiviert sie? Welche Bedürfnisse soll unser Produkt für sie erfüllen? Wie sieht der Nutzungskontext aus? Das ist nicht immer trivial, weil unsere Zielgruppe zum Teil sehr unterschiedlich ist. Es gibt weder den B2C-Kunden noch die B2B-Kundin. Ich kenne daher den Querschnitt und kann das eine oder andere Extrem befriedigen. Zum Beispiel: Hilfestellungen in Form eines Handbuchs sind unerlässlich, aber ich erzwinge in der Software nicht, dass es aufgerufen wird. Eine Fachfrau oder ein Fachmann braucht keine Anleitung, der Neuling ist über die Hilfestellung dankbar. Diese Gratwanderung gehört zu meinem Alltag.

Außerdem gibt es biologische und psychologische Grundprinzipien, die wir im Hinterkopf haben: Welche Farben haben welche Wirkung? Wie muss ein Screen gestaltet werden? Oder was überlastet unser Gehirn?

Wie kommst du an das Wissen der Kundschaft?

Maike: Wir orientieren uns insbesondere an qualitativen Informationen. Wir schauen uns beispielsweise Supporttickets an und analysieren, welche inhaltlichen Probleme immer wieder auftauchen. Dann priorisieren wir gemeinsam mit den Produktverantwortlichen, welches Thema wir in welcher Reihenfolge angehen und erarbeiten Lösungen. Neben dem Support gibt es auch weitere Abteilungen, die im direkten Kontakt mit Kunden und Interessierten stehen und uns dadurch wertvollen Input über unsere Zielgruppe liefern können. Da lässt sich zum Beispiel auch der Vertrieb hervorheben, der uns mit Informationen versorgt: Mit welchen Produkt-Erwartungen kommen Interessierte zu G DATA oder in welchem Kontext soll das Produkt eingesetzt werden. Wir profitieren als UX-Designer*innen sehr stark davon, dass sich G DATA durch ihre Kommunikation auf Augenhöhe mit Kundinnen und Kunden auszeichnet. Deswegen sind wir auch bei der Produktentwicklung im kontinuierlichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Premium Service und Customer Success Management.

Ein zentraler Bestandteil unseres UX-Alltags ist es aber auch, in den direkten Kundenkontakt zu gehen, um sich selbst ein Bild von unseren Nutzerinnen oder Nutzern zu machen. Um Produkte kundenzentriert zu entwickeln, müssen wir diese fortlaufend aus ihrer Sicht beurteilen lassen. Natürlich könnten uns Telemetrie-Daten, das heißt Interaktionsverhalten im Produkt, Hinweise darüber geben, wie es genutzt wird. Damit verschaffen wir uns aber nur eine Orientierung, wo wir bei der Kundschaft nachhaken sollten. Die Daten beantworten uns nicht die Frage, ob ein Feature nicht verstanden oder nicht benötigt wird. Daher muss ich mit den Menschen sprechen und erfahren, was sie denken und fühlen, wenn sie unsere Produkte nutzen. Ich muss dabei auch die Mimik sehen – ist jemand irritiert oder wirkt er oder sie glücklich. Bei zentralen Produkt-Features ist es daher unerlässlich, frühzeitig Feedback einzuholen, um sowohl Usability-Probleme zu erkennen und darüber hinaus auch eine gute User Experience sicherzustellen.

Beispielsweise haben wir regelmäßige remote Interviews mit Kund*innen durchgeführt, während wir mit dem Awareness-Manager für unsere Cyber Defense Academy eine Plattform zum Konfigurieren von Phishing Simulationen gestaltet haben. In die Gespräche nehmen wir konkrete Fragestellungen mit, die uns zum jeweils aktuellen Stand der Produktentwicklung helfen, unsere Ideen einem kundenorientierten Realitätscheck zu unterziehen oder für geplante Konzepte notwendiges Kontextwissen einzuholen. Für diese Realitätschecks bitten wir Gesprächspartner*innen, mithilfe unserer Konzepte konkrete Aufgaben zu lösen, indem sie sich beispielsweise durch einen Prototypen navigieren. Die Gesprächspartner*innen sollen dabei laut denken – das nennt sich Think-Aloud-Methode. Da kann die Kundschaft völlig wertfrei sagen „Das verstehe ich jetzt gerade nicht“. Wir schauen dabei zu und können nachhaken, was nicht verstanden oder was erwartet würde, ohne dabei in eine suggestive Gesprächsführung zu verfallen und einen Weg vorzugeben. Daraus können wir Rückschlüsse ziehen, ob unsere Produktidee den Erwartungen der Zielgruppe entspricht und die Interaktion mit dem Produkt selbsterklärend ist.

Ein zentraler Bestandteil unseres UX-Alltags ist es, in den direkten Kundenkontakt zu gehen, um sich selbst ein Bild von unseren Nutzerinnen oder Nutzern zu machen.

Kannst du euer Vorgehen am Beispiel des Awareness-Managers der G DATA academy beschreiben? Wo habt ihr Einfluss genommen?

Maike: Der Awareness Manager unterstützt unsere Kunden bei der Konfiguration unseres Learning Management Systems und unserer Phishing Simulationen. Die Plattform bietet eine bequeme Möglichkeit, Teilnehmer*innen für Awareness Trainings oder Phishing zu hinterlegen, gewünschte Reports auszuwählen und vieles mehr.

Vor der Konzeption der Plattform haben wir – wie bereits beschrieben  – zunächst internes Wissen unserer Kolleginnen und Kollegen gesammelt, die bei G DATA für das Onboarding des Lernmanagement-Systems und Phishing Simulationen zuständig sind und dadurch im regen Austausch mit den Auftraggebenden stehen. Sie wissen genau, welche Fallstricke es im Onboarding zu beachten gilt und wo es Optimierungspotenziale gibt. Auf dieser Basis haben wir versucht, konkrete Lösungen zu erarbeiten.

Kundinnen oder Kunden direkt zu fragen, welche konkrete Lösung er oder sie für ein bestimmtes Problem sucht, führt nicht zum Ziel. Unsere Aufgabe im UX-Team ist es, Konzepte im Sinne von Lösungsvorschlägen zu erarbeiten und dazu Feedback einzuholen. Angebote schaffen und damit in ein Kundengespräch zu gehen, umgeht das Problem, selbst wissen zu müssen, welche Lösung glücklicher macht. Es ist mein Job, unsere Kundschaft positiv zu überraschen. Nachdem wir erste Lösungsideen in Form eines Konzepts erarbeitet hatten, sind wir in den Austausch mit Bestandskunden gegangen. Gemäß der Think-Aloud-Methode haben wir dabei zugesehen, wie sie mithilfe unseres Konzepts bestimmte Aufgaben erfüllen, beispielsweise Teilnehmerinnen und Teilnehmer eintragen oder diese zu Gruppen sortieren. Zusätzlich zu ihren Erläuterungen während der Aufgaben haben wir am Ende gefragt, wie zufrieden sie mit dem Erlebnis waren und wo sie noch Handlungsbedarf sehen.

Gab es dabei auch überraschende Ergebnisse oder Rückmeldungen?

Maike: Wie beschrieben ist der Awareness-Manager unter anderem für das Onboarding der Phishing-Kampagne zuständig. Wir dachten, sobald es techniklastiger wird, dass die oder der Weiterbildungsbeauftragte den Awareness-Manager als Plattform an die IT-Abteilung weiterleiten möchte, damit sich diese zum Beispiel um das Whitelisting kümmern. Es hat sich aber herausgestellt, dass nicht die vollständige Plattform – inklusive der Lerner-/Teilnehmer-Daten – weitergeleitet werden sollte, sondern konkrete Aufgaben delegiert werden sollen, wie etwa Whitelisting an die IT. Unser Weiterleiten-Button war hingegen zu Beginn so konzipiert, dass man Kolleginnen und Kollegen in die Plattform einladen kann, ohne dabei Funktionen oder Informationen vorzuenthalten.

Gerade im Hinblick auf Lerner-Daten hat es Datenschutzbedenken gegeben, die wir so nicht auf dem Schirm hatten. Wenn die IT nur das Whitelisting machen sollen, dann brauchen sie die Vornamen und Nachnamen der Lernenden nicht sehen. Wir benötigen daher eine Benutzerverwaltung in der Plattform, in der Rechte vergeben werden, was gesehen werden kann und was nicht.

Wie viele Interviews führt ihr an diesem Punkt?

Maike: Sofern die Zielgruppe nicht zu heterogen ist, reichen für den Start ungefähr fünf. Es gibt langfristige Studien im psychologischen Bereich, das man ab fünf plus/ minus zwei nicht mehr Erkenntnisse erhält, sondern immer dieselben Usability-Probleme genannt werden. Der Erkenntnisgewinn wird dem Mehraufwand einer zusätzlichen Befragung dann nicht mehr gerecht. So kann ich nach fünf Interviews bereits sagen: Die wichtigsten Probleme unseres Konzepts dürften wir gefunden haben. Das setzt voraus, dass ich die Zielgruppe vorher klar definiert habe. Wenn ich mehrere Zielgruppen habe, sollte ich pro Gruppe fünf Interviews führen. Wenn wir also eine Software für Ärztinnen und Steuerberater gestalten wollen, gehen die Erwartungshaltungen und das Vorwissen sehr weit auseinander. Ich müsste daher aus beiden Berufsgruppen jeweils mindestens fünf Personen befragen, um unser Konzept auf den Prüfstand zu stellen.

Ist der Prozess eigentlich irgendwann abgeschlossen? Oder entwickelt ihr Produkte immer weiter?

Maike: Produkte sind nie „fertig“, sie werden fortlaufend anhand von Kunden-Feedback auf den Prüfstand gestellt. Ein Grund: Wir leben in einer zunehmend digitalen Welt und auch die Qualität von Services wird stetig besser. Dadurch wird unsere und auch die Erwartungshaltung unserer Kundschaft geprägt. Es gilt am Puls der Zeit zu bleiben, um Produkte dauerhaft attraktiv zu gestalten. Feature-Ideen entstehen mit Blick „nach außen“ und im Dialog mit unseren Kund*innen.

Wenn wir neue Features in ein Produkt integrieren, dann veröffentlichen wir das erst nach vorherigen Kundeninterviews, um das Risiko eines „schlecht nutzbaren“ Features zu minimieren. Neben regelmäßigen Gesprächen mit Kunden ziehen wir bei Bedarf quantitative Daten in Betracht, um die Nutzungshäufigkeit des neuen Features prüfen zu können. Es wird regelmäßig reflektiert, ob Features noch zeitgemäß sind oder sie Platz für relevantere Funktionen machen sollten. Es gibt für UX-Designerinnen nichts Schlimmeres als Lösungen a lá Schweizer Taschenmesser, die alles können, weil stetig neue Funktionen hinzukommen, aber keine alten entfernt werden.

Im Kontext der konkreten Produktgestaltung macht es viel Spaß, mit der Entwicklung über positives Feedback wie auch über Optimierungspotenziale zu sprechen, die sich aus unseren Kundengesprächen ergeben. Uns ist dabei allen klar, dass wir einen Mehrwert schaffen, wenn unsere Produkte ansprechend und auch nutzerfreundlich sind.

Welches Feedback erhaltet ihr denn im eigenen Unternehmen auf eure Arbeit?

Maike: Das Feedback ist durchweg positiv. Es wird erkannt, dass wir einen maßgeblichen Beitrag leisten, um unsere Produkte kundenorientiert zu gestalten. Wir nehmen in der Produktentwicklung eine Schnittstellen-Position ein, an der Kundenwissen gebündelt und in die Konzeption unserer Produkte einfließen kann. Durch unsere User-Research-Aktivitäten ist es naheliegend, im regen Austausch mit vielen Abteilungen zu sein, um Erkenntnisse zum Beispiel für die Außenkommunikation oder strategische Produktentscheidungen intern zu teilen.

Aber auch im Kontext der konkreten Produktgestaltung macht es viel Spaß, mit der Entwicklung über positives Feedback wie auch über Optimierungspotenziale zu sprechen, die sich aus unseren Kundengesprächen ergeben. Uns ist dabei allen klar, dass wir einen Mehrwert schaffen, wenn unsere Produkte ansprechend und auch nutzerfreundlich sind. Damit minimieren wir auch das Risiko, dass Kundinnen oder Kunden unser Produkt ablehnen, weil es nicht nutzbar ist. Wir freuen uns gemeinsam über Lob unserer Kundschaft, wenn diese unsere Arbeitsfortschritte zu Gesicht bekommen.

Stefan Karpenstein
Public Relations Manager

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